Praxis für Homöopathie
Thomas Mickler
Heilpraktiker
Aktienstr. 175
D-45473 Mülheim an der Ruhr

     Homöopathie-
     Info
   
  FAQ
Gesundheit
Arzneimittel
Literatur
Geschichte
Therapeuten
Download
Fallbeispiele

- Magen- beschwerden
Potenzierung
Suche
   
  Links
Feedback
Gästebuch
Kontakt
   
  Home
   
   
   
 

Samuel Hahnemann
Akute Magenbeschwerden mit Schwindel, Übelkeit, Erbrechen und Aufstoßen (Pulsatilla pratensis)


Hahnemann stellt hier die Symptome des Kranken den Symptomen gegenüber, die durch die Pflanze Pulsatilla pratensis (Küchenschelle) bei Gesunden in der Arzneimittelprüfung hervorgerufen wurden: "Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt."
Wenn Sie sich ein paar Prüfungssymptome ansehen, werden Sie einen Eindruck davon bekommen, wie differenziert die Arzneiprüfungssymptome dokumentiert worden sind.

So hat die Homöopathie zum Beispiel (lange vor der Hochschulmedizin) ein sehr umfassendes Wissen über die Wirkungen - und Nebenwirkungen! - von Digitalis gehabt, deren Wirkstoff heute in der Schulmedizin zur Behandlung bestimmter Herzkrankheiten eingesetzt wird.


W – e, ein schwächlicher, blasser Mann von 42 Jahren, dessen stete Beschäftigung am Schreibtische war, klagte mir den 27. Dec. 1815: er sey schon 5 Tage krank.

1) Den ersten Abend ward es ihm, ohne sichtbare Veranlassung, übel und drehend, mit vielem Aufstoßen,
2) die Nacht drauf (um 2 Uhr) saures Erbrechen,
3) die drauf folgenden Nächte heftiges Aufstoßen,
4) auch heute übles Aufstoßen von stinkendem und säuerlichem Geschmacke,
5) es war ihm, als wenn die Speisen roh und unverdaut im Magen wären,
6) im Kopfe sey es ihm so weit und hohl und finster, und wie empfindlich darin.
7) Das kleinste Geräusch sey ihm empfindlich gewesen,
8) er ist milder, sanfter, duldender Gemüthsart.


Hier ist zu bemerken:

Zu 1. Daß einige Arzneien Schwindel mit Übelkeit verursachen, so wie auch Pulsatille (3.), welches seinen Schwindel auch Abends macht (7.), was nur noch von sehr wenigen andern beobachtet worden.

Zu 2. Erbrechen sauern und sauerriechenden Schleims erregen Stechapfel und Krähenaugen, aber so viel man weiß, nicht in der Nacht. Baldrian und Kockelsamen machen in der Nacht Erbrechen, aber kein saures. Bloß Eisen macht Erbrechen in der Nacht (61. 62.), und kann auch saures Erbrechen (66.) hervorbringen, aber nicht die übrigen hier zu berücksichtigenden Symptome.
Pulsatille aber macht nicht nur abendliches saures Erbrechen (349. 354.) und nächtliches Erbrechen überhaupt (355.), sondern auch die übrigen von Eisen nicht zu erwartenden Beschwerden dieses Falles.

Zu 3. Das nächtliche Aufstoßen ist der Pulsatille eigen (296. 297.).

Zu 4. Das stinkende, faulige (259.) und das säuerliche Aufstoßen (301. 302.) ist ebenfalls der Pulsatille eigen.

Zu 5. Die Empfindung von Unverdaulichkeit der Speisen im Magen bewirken wenige Arzneien, und keine so vollständig und auffallend, als Pulsatille (321. 322. 327.).

Zu 6. Außer Ignazsamen (2.), welcher jedoch unsere übrigen Beschwerden nicht erregen kann, macht denselben Zustand Pulsatille (39., verglichen mit 42. 94. 98.).

Zu 7. Pulsatille erregt dergleichen (995.), so wie sie auch eine Überempfindlichkeit der andern Sinnorgane zuwege bringt, z. B. des Gesichts (107.). Und obgleich die Unleidlichkeit des Geräusches auch bei Krähenaugen, Ignazbohne und Sturmhut zu finden ist, so sind diese doch nicht gegen die andern Zufälle homöopathisch und besitzen am wenigsten das Symptom.

Zu 8. des milden Gemüthszustandes, welchen, nach dem Vorberichte zu Pulsatille, diese letztere Pflanze ausgezeichnet verlangt.

Dieser Kranke konnte also durch nichts leichter, gewisser und dauerhafter geheilt werden, als durch die hier homöopathische Pulsatille, die er dann auch sogleich, aber seiner Schwächlichkeit und Angegriffenheit wegen nur in einer sehr verkleinten Gabe, d. i. einen halben Tropfen des Quadrilliontels eines starken Tropfens Pulsatille*),

*) Gleiche Absicht erreicht, nach unsern jetzigen Kenntnissen und Erfahrungen, das Einnehmen eines feinsten Streukügelchens Pulsatille X (decillionfacher Kraft-Entwickelung), ja, völlig eben so gewiss, das einmalige Riechen an ein Senfsamen großes Streukügelchen derselben Pulsatill-Potenzierung erhielt. Dies geschah gegen Abend.

Den folgenden Tag war er frei von allen Beschwerden, seine Verdauung war hergestellt, und so blieb er frei und gut, wie ich nach einer Woche von ihm hörte.

Die Erforschung eines so kleinen Krankheitsfalles und die Wahl des homöopathischen Mittels dafür ist sehr bald verrichtet von dem, welcher nur einige Uebung darin und die Symptome der Arzneien theils im Gedächtnisse hat, theils sie leicht zu finden weiß; aber es schriftlich mit allen Gründen und Gegengründen aufzustellen (welches vom Geiste in einigen Augenblicken überschaut wird), macht, wie man sieht, ermüdende Weitläufigkeit.


Von Pulsatille (Pulsatilla pratensis) genannte Prüfungssymptome

Quelle: "Reine Arzneimittellehre", Band 2, 3. Auflage, 1833, S. 273-342, insgesamt 1153 verschiedene Symptome, schematisch von Kopf zu Fuß geordnet.

Sympt. 3:
"Schwindel, als wenn man sich lange im Kreise herum dreht, mit Uebelkeit verbunden."

Sympt. 7:
"Schwindliches Wanken, wie von Trunkenheit, mit innerer Kopfhitze bei Blässe des natürlich warmen Gesichts, vorzüglich Abends."

Sympt. 349:
" Nach Bewegung in freier Luft, gegen Abend, Uebelkeit und salziges oder saures Erbrechen."

Sympt. 354:
"Abendliches Wegbrechen der Speisen; hierauf Bitterkeit im Munde und Stumpfheit der Zähne."

Sympt. 355:
"Nächtliches Erbrechen, mit stechend ziehendem Schmerze im Rücken nach dem Schulterblatte zu."

Sympt. 296:
"Bittres Aufstoßen des Nachts."

Sympt. 297:
"Gallichtes Aufstoßen Abends."

Sympt. 259:
"Nach dem Mittagessen Aufstoßen wie nach faulem Fleische, und eben dieser Geschmack bleibt nachgehends im Munde, mit Brecherlichkeit."

Sympt. 301:
"Nach dem Kaffeetrinken stößt (schwulkt) eine saure Flüssigkeit herauf in den Mund."

Sympt. 302:
" Früh saures Aufstoßen."

Sympt. 321:
"Empfindung, als wenn man sich den Magen verderbt hätte."

Sympt. 322:
"Zeichen von höchst verdorbenem Magen."

Sympt. 327:
"Empfindung im Magen, als wenn man sich überessen hätte; die Speisen kommen wieder in den Mund herauf, als wenn man sie ausbrechen sollte."

Sympt. 39:
"Wüstheit und Hohlheit im Kopfe; der Kopf war ihm wie eine Laterne."

Sympt. 42:
"Düsterheit des Kopfes; die Gedanken vergehen ihm."

Sympt. 94:
"Verdüsterung des Gesichts, wie ein Nebel vor den Augen, wenn man vom Sitzen aufsteht und geht."

Sympt. 98:
"Früh beim Aufstehen aus dem Bette ist es ihm so finster vor den Augen."

Sympt. 995:
"Wenn er aus dem Schlafe erwacht, deuchtet ihm der Schall der Worte allzu heftig, und dröhnt ihm schallend in den Ohren."

Sympt. 107:
"Das eine oder das andre Auge leidet stechende Schmerzen, fast ohne Entzündung des Weißen, und kann nicht in die Flamme eines Lichtes sehen; er kann die Augenlider nur wenig aufmachen."

Gemütszustand:
In der Vorrede zur Prüfung schreibt Hahnemann: "Es wird daher auch der arzneiliche Gebrauch der Pulsatille um desto hülfreicher seyn, wenn in Uebeln, zu denen in Rücksicht der Körperzufälle dieses Kraut passt, zugleich ein schüchternes, weinerliches, zu innerlicher Kränkung und stiller Aergerniß geneigtes, wenigstens mildes und nachgiebiges Gemüth im Kranken zugegen ist, zumal, wenn er in gesunden Tagen guthmüthig und mild (auch wohl leichtsinnig und gutherzig schalkhaft) war. Vorzüglich passen daher dazu langsame, phlegmatische Temperamente, dagegen am wenigsten Menschen von schneller Entschließung und rascher Beweglichkeit, wenn sie auch guthmüthig zu sein scheinen."


Von Eisen (Ferrum metallicum) genannte Prüfungssymptome

Sympt. 61:
Das Erbrechen ist vor Mitternacht, wenn sie liegt, am schlimmsten, und vorzüglich, wenn sie auf der Seite liegt.

Sympt. 62:
Erbrechen des Genossenen, gleich nach Mitternacht, worauf Widerwille gegen Genüsse und Abscheu vor freier Luft erfolgt (6 Std. nach Einnahme).

Sympt. 66:
Alles, was sie erbricht, hat Säure und Schärfe.


Von Ignazsamen (Ignatia amara) genanntes Prüfungssymptom

Sympt. 2:
Gefühl von Hohlheit und Leere im Kopf.


Quelle des Fallbeispiels:
Reine Arzneimittellehre, Bd. 2, "Vorerinnerung", S. 31ff

Anm.: In der 3. Auflage von 1833 änderten sich gegenüber der 2. Auflage durch eine Neuordnung die Symptomnummern. Die Nummern der genannten Prüfungssymptome wurden hier zur besseren Auffindbarkeit der 3. und letzten Auflage angepasst.

© 2002 Copyright Th. Mickler

 
   
 
  © Thomas Mickler zuletzt aktualisiert: 14.02.2002