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Samuel Hahnemann an seine Kritiker:
Aus: Nota bene für meine Recensenten (1825)
[...] Diese Lehre beruft sich nämlich nicht nur
hauptsächlich, sondern einzig auf den Ausspruch der Erfahrung
– "macht’s nach!" ruft sie laut, "aber macht‘s genau
und sorgfältig nach, und ihr werdet sie auf jedem Schritte bestätigt
finden" – und (was keine Arzneilehre, kein medicinisches System,
keine sogenannte Therapie bisher that oder thun konnte) sie dringt
darauf, "nach dem Erfolge beurtheilt zu seyn zu wollen".
Da haben wir die Homöopathie gerade da, wo wir sie haben
wollten; hier können wir ihr (folgen Sie nur, liebe Herren! es wird gut gehen)
von dieser Seite den Todesstreich versetzen.
Nehmen Sie einen Krankheitsfall nach dem andern, zeichnen Sie
ihn nach Anleitung des Organons speciell nach allen seinen auffindbaren Symptomen
so genau auf, daß der Urheber der Homöopathie selbst nichts an der
Genauigkeit des Aufgezeichneten aussetzen könnte (versteht sich, daß
jeder ein Fall sey, wofür schon unter den, nach ihren eigenthümlichen
Symptomen bekannt gemachten, eine homöopathisch ähnliche Arznei zu finden
ist), und wenden die passendst homöopathisch aufgefundene Arzneisubstanz
rein und unvermischt gegen den jedesmaligen Krankheitsfall an, in einer Gabe von
Kleinheit, wie sie diese Lehre vorschreibt, doch, wie die ausdrückliche Vorschrift
lautet, unter Entfernung aller andersartigen arzneilichen Einflüsse auf
den Kranken, und beschämen, wenn es nicht hilft, nicht bald hilft, nicht
gelind hilft, nicht dauerhaft hilft, beschämen Sie, sage ich, durch Vorlegung
der aktenmäßig beglaubigten Kur-Geschichten nach streng befolgter
homöopathischer Lehre, diese, der alten Finsternis so ernstlich drohenden
Lehre öffentlich.
Aber nehmen Sie sich, ich bitte Sie, vor irgend einem Falsum
dabei in Acht! – alle Schurkerei kommt an den Tag und brandmarkt mit unauslöschlichen
Warnungszeichen.
Wenn dann, nach Ihrem gewissenhaften Vorgange jeder andre,
ebenfalls gewissenhafte und sorgfältige, ärztliche Nachversucher denselben
Erfolg findet – wenn das Alles nicht zutrifft, was die homöopathische
Lehre nach ihrer treuen Befolgung verheißt – dann ist die Homöopathie
schon so gut als verloren; sie ist verloren, wenn sie nicht hülfreich, ja
selbst wenn sie nicht ausgezeichnet hülfreich ist.
[...]
Wollt ihr’s eben so gut haben, so macht’s verständig und
redlich nach!
Quelle: Auszug aus
"Nota bene für meine Recensenten". Vorwort in Samuel
Hahnemann, Reine Arzneimittellehre Bd. 3, Arnoldische Buchhandlung,
Dresden, 1825
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